Barbro Walker
Vertreterin des Wissenschaftsrats

Kurzvita

Studium Erziehungswissenschaft, Psychologie und Lehramt an Grundschulen. Berufstätigkeit u.a. als Wissenschaftliche Mitarbeiterin, als Lehrerin und als Fachberaterin in Schulamt und Kultusministerium in Hessen. Seit 2014 Lehrkraft für besondere Aufgaben an der Uni; seit 2017 Hochschullehrerin.

Skeptische Vita

  • 1999 in die GWUP eingetreten.
  • Artikel zu pseudowissenschaftlichen pädagogischen Therapien im Skeptiker.
  • Seit 2014 Mitglied des Wissenschaftsrats der GWUP.

Mit welcher Motivation und welchen Erwartungen bist Du in die GWUP eingetreten?

Ich begann 1999 meine Dissertation über ein pseudowissenschaftliches pädagogisch-therapeutisches Verfahren (die sog. „Edu-Kinestetik“) zu schreiben, das sich in Kitas und Schulen etabliert hatte. Ich war damals erschüttert, dass es nur wenige kritische Stimmen dazu gab und dass sich vor allem die Erziehungswissenschaft selbst kaum mit dubiosen Verfahren, die sich zunehmend auch in öffentlichen Bildungsinstitutionen ausbreiteten, befasste. Viele Erziehungswissenschaftler an den Hochschulen erkannten nicht einmal, dass diese Verfahren pseudowissenschaftlich waren. Im Zuge meiner Recherchen stieß ich zum Glück auf die GWUP und damit erstmals auf andere Menschen, die sich wie ich darüber wunderten, dass sich der größte Unsinn verbreitete, ohne dass jemand widersprach. Das war sehr wichtig für mich: Nicht mehr allein zu sein mit meinem Empfinden, dass nur mir das auffiel. Schnell habe ich gemerkt, dass mir die GWUP nicht nur dieses Gefühl gab, sondern dass die intensiven Diskussionen unter den Mitgliedern eine riesige Bereicherung für die Weiterentwicklung meines eigenen kritischen Denkens waren. Mir wurde bald klar, dass ich hier auf einen „Pool“ außergewöhnlich cleverer und messerscharf denkender Menschen gestoßen bin, deren Debatten ich nicht mehr missen wollte.

Was bringst Du für Deine Rolle im Vorstand mit?

Ich bin seit vielen Jahren im Wissenschaftsbetrieb zuhause, das ist sicher hilfreich. In meinem Berufsalltag an einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften liegt mein Schwerpunkt auf der Lehre. Ich habe mich bereit erklärt, das Amt zu übernehmen, weil ich hoffe, dass ich unter anderem das Vertrauen derer gewinnen kann, die befürchten, der Wissenschaftsrat spreche nur im Sinne der Naturwissenschaften und sähe nicht die Spezifika sozial- und geisteswissenschaftlicher Forschungsfragen und -gegenstände. Grundsätzlich möchte ich dazu beitragen, die vertrauensvolle Zusammenarbeit, die zwischen Vorstand und Wissenschaftsrat bis 2023 bestand, wiederherzustellen.

Wie beurteilst Du den aktuellen Konflikt?

Grundsätzlich ist es wichtig, dass Mitglieder Sorgen oder Unzufriedenheiten zum Vereinsleben äußern können. Die Gruppe, die dies im vergangenen Jahr tat, hat dabei aber einen Weg gewählt, der sehr viel Vertrauen zerstört und die GWUP in eine tiefe Krise gestürzt hat. Das kann ich nicht gutheißen. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, aus dem Konflikt auch zu lernen und z.B. zu schauen, welche Möglichkeiten des Dialogs in solchen Fällen etabliert werden könnten, damit eine Situation nicht derart eskaliert. Andererseits benötigen wir auch einen Grundkonsens unter den Mitgliedern, was die Ziele der GWUP und den Umgang miteinander angeht. Für mich persönlich ist z.B. eine Diffamierung von Mitgliedern, die sich aus wissenschaftlicher Perspektive mit Critical Studies oder mit Kernkraft befassen möchten, als „alt-right“ oder „neo-konservativ“, ein absolutes No-Go. Die GWUP muss also sicherstellen, dass alle Mitglieder gleichberechtigt ihre Gedanken, Fragen und Argumente zu allen denkbaren Sachverhalten vortragen können und die Wissenschaftsfreiheit jederzeit gewahrt ist. Das sollte in einem Verein, der sich für wissenschaftliches Denken stark macht, eigentlich selbstverständlich sein.

Vor welchen Herausforderungen steht die GWUP?

In den vergangenen Jahren wurde die Außendarstellung der GWUP stark von Personen geprägt, die Wissenschaft zwar kommunizieren, aber selbst nicht oder nicht mehr betreiben. Dieses Engagement ist wertvoll und wichtig. Doch dem Wissenschaftsrat ist daran gelegen, dass wir auch wieder Aktive aus der Wissenschaft anziehen und sie als Kooperationspartner gewinnen. Idealerweise sollten sie sich auch als Mitglieder engagieren und als Botschafterinnen und Botschafter der GWUP in die Wissenschaft hineinwirken. Daran werde ich mitarbeiten. Auch international sollten wir uns noch stärker vernetzen und den Austausch mit Skeptikerorganisationen weltweit intensivieren.